In Deutschland fristet der Blindenfußball noch ein Nischendasein. Der dreimalige Deutsche Meister Çelebi erlangte jedoch bereits bundesweite Bekanntheit: Als erster blinder Fußballer erzielte der gebürtige Kurde im August 2018 das „Tor des Monats“. Es folgten zahlreiche Einladungen und Fernsehauftritte. Zu Çelebis eigener Überraschung hielt das Medieninteresse auch noch lange danach an. „Das war eine sehr schöne Erfahrung. Aber wir brauchen mehr Unterstützung, um sichtbarer zu werden“, fordert der 38-Jährige, der seit seinem 14. Lebensjahr blind ist.
Blindenfußballer Çelebi kickt mit DFB-Präsident Neuendorf und Weltmeister Lahm
Es sind ereignisreiche Tage für Serdal Çelebi: Der Blindenfußballer des FC St. Pauli erzielte am vergangenen Wochenende beim Abschiedsspiel des Ex-Profis Jan-Philipp Kalla gegen gestandene Bundesliga-Stars ein Tor – frenetischer Beifall von über 10.000 Fans im Millerntor-Stadion inklusive. Nur zwei Tage später war die Zahl der Zuschauer geringer, sein Puls aber mindestens genauso hoch: Auf Einladung von Volkswagen reiste Çelebi im vollelektrischen ID. Buzz zu den Sepp-Herberger-Awards nach Berlin und gab DFB-Präsident Bernd Neuendorf und dem ehemaligen Nationalspieler Philipp Lahm praktische Einführungen im Blindenfußball.
Genau das ist das Ziel von Volkswagen, unter anderem als Partner der DFB-Stiftung Sepp Herberger, denn der Fußball in der Breite ist das verbindende Element zwischen Volkssport und Volkswagen. So setzt sich das Unternehmen für die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilnahme von Menschen mit Behinderung am organisierten Fußballspielbetrieb ein.
Seit über einem Jahrzehnt nutzt die Sportkommunikation von Volkswagen den Fußball als Plattform, um sich für Diversität einzusetzen: in den sieben definierten Dimensionen Alter, ethnische Herkunft & Nationalität, Geschlecht & geschlechtliche Identität, körperliche und geistige Fähigkeiten, Religion & Weltanschauung, sexuelle Orientierung sowie soziale Herkunft. Um das Interesse für den Blindenfußball zu steigern, werden zwei der insgesamt fünf Spieltage in der Blindenfußball-Bundesliga 2023 als Stadtspieltage in Wolfsburg (13. Mai) und Köln (16. September) ausgetragen – unterstützt von Volkswagen.
DFB-Präsident Neuendorf feiert Premiere
Bei den Sepp-Herberger-Awards in Berlin avanciert Ehrengast Serdal Çelebi bereits vor Beginn der Preisverleihung zu einem der Hauptdarsteller. Der Hamburger Blindenfußballer funktioniert den grünen Kunstrasenteppich vor der überdimensionalen Fotowand kurzerhand zum Trainingsplatz um und lädt DFB-Präsident Bernd Neuendorf sowie den ehemaligen Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm zu einem spontanen Schnupperkurs ein.
Unter dem Blitzlichtgewitter der anwesenden Fotografinnen und Fotografen streift Neuendorf den Kopfschutz mitsamt Brille über und bekommt von Übungsleiter Schmidt eine kurze Einführung in die Abläufe und Kommandos, die im Blindenfußball zum guten Ton gehören. „Hier, hier, hier“, ruft Çelebi, als ginge es um die Deutsche Meisterschaft. „Pass kommt“, erwidert Neuendorf. Das Anspiel des DFB-Präsidenten findet exakt sein Ziel. Bei seiner Premiere überzeugt der 61-jährige Linksfuß und erntet ein Lob von Çelebi: „Sie spielen bald bei uns im Sturm.“
Etwas mehr Erfahrung auf dem ungewohnten Terrain bringt Philipp Lahm mit. Der Fußballweltmeister von 2014, der aktuell als Turnierdirektor der UEFA EURO 2024 in Deutschland tätig ist, hatte bereits im Jahr 2021 in Leipzig Blindenfußballluft geschnuppert und liefert sich mit Çelebi einen kurzweiligen Schlagabtausch mit freundschaftlichem Shakehands im Anschluss: „Serdal, du bist ein sensationeller Typ, aber an deine Klasse komme ich nicht heran“, sagt der 39-jährige Lahm, ehe Çelebi mit einem lockeren „Und ich nicht an deine“ kontert. Bei der anschließenden Gala stellt Neuendorf noch einmal die integrative Kraft des Fußballs in den Mittelpunkt. Der DFB stehe mit seiner Sepp-Herberger-Stiftung ohne Wenn und Aber zu seinem Engagement im Bereich Inklusion und werde dieses dauerhaft fortführen.
Çelebi auf den Spuren von Vorbild Philipp Lahm
Das gilt auch für Çelebi, der die Mission mit seinem Profil @vertraumirblind auf YouTube, TikTok sowie Instagram aktiv verfolgt: „Mit meinen Kanälen möchte ich den Blindenfußball, aber auch die Blindheit generell in unterschiedlichen Perspektiven darstellen.“ Ob Straßencheck oder Challenges auf und neben dem Fußballplatz: Çelebi stellt sich nahezu jeder Herausforderung.
Und seine Community wächst. Zu einem Star, dem er im Blindenfußball die Grenzen aufgezeigt hat, schaut er in Sachen Social Media jedoch im übertragenen Sinne auf: „Philipp Lahm hat 7,4 Millionen Follower bei Instagram. Da komme ich auch mal hin, vertraut mir – blind“, sagt er mit seinem typischen Grinsen. „Dann setze ich mich mit 50 Jahren zur Ruhe.“ Nach diesen ereignisreichen Tagen traut man Serdal Çelebi fast alles zu.