Am 17. Januar 1934 schreibt Ferdinand Porsche sein „Exposé betreffend den Bau eines deutschen Volkswagens" nieder. Nach seiner Auffassung sollte ein Volkswagen ein vollwertiges und zuverlässiges Automobil, wenngleich von vergleichsweise leichter Bauweise sein. Er sollte Platz für vier Personen bieten, 100 km/h Geschwindigkeit erreichen und 30-prozentige Steigungen überwinden können.
Am 5. Februar 1936 wird der erste Prototyp der Limousine fertig gestellt. Ihre Konstruktion ist für den Automobilbau dieser Jahre ein Novum:
- Das Fahrwerk hat Einzelrad-Führung mit Drehstabfederung und Reibungs-Stoßdämpfern.
- Obwohl es noch keine Hydraulikbremsen gibt, wird die Bremsverstärkung mechanisch durch einen entsprechenden Steuerungshebel im Seile-Bremssystem erzielt.
- Die weiche Gummiaufhängung des Motors ist ein wesentlicher Fortschritt in der Automobiltechnik.
- Die luftgekühlten Motoren, als Zwei- oder Viertakter im Versuchsprogramm wahlweise austauschbar, erreichen eine Leistung von 22,5 PS.
Der in drei Exemplaren gebaute V 3 absolviert von Oktober bis Dezember 1936 in einem Dauertest eine Strecke von über 50.000 Kilometern. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse fließen in die folgenden 30 Probeexemplare ein, die unter dem Kürzel VVW 30 einen großangelegten Dauerversuch durchlaufen.
Ferdinand Porsche wirbt in amerikanischen Automobilwerken erfahrene Ingenieure deutscher Herkunft für den Aufbau des Werkes und der Produktionsanlagen an. Erst dann bekommt der Wagen seine endgültige Form. Sie wird im Modellwindkanal perfektioniert und in der Praxis korrigiert. Darüber hinaus lässt sich ein sehr einfaches Federungssystem verwirklichen.
Diskussionspunkt ist zu dieser Zeit vor allem die Motorisierung. Am Ende setzt sich ein Vierzylinder- Boxermotor durch.
Erfolgsstory ohne Ende
Am Anfang der großartigen Entwicklung von Volkswagen stehen tatkräftige Menschen, die nach Jahren der Entbehrung und Trostlosigkeit des Krieges, der körperlichen Strapazen und geistiger Unterdrückung damit beginnen, Automobile zu bauen.
Die Britische Militärregierung, die zwischen 1945 und 1949 die Fabrik treuhänderisch verwaltet, beauftragt im August 1945 das Volkswagenwerk mit der Produktion von 20.000 Limousinen.
Im Dezember 1945 wird mit 55 montierten Fahrzeugen die Serienfertigung des Käfer aufgenommen. In dem einsam am Mittellandkanal gelegenen Werk, in dem die Kriegstrümmer beiseite geräumt werden, entsteht eine Gemeinschaft aus Menschen verschiedenster Herkunft. Aus dem Chaos bauen sie ihre neue Heimat auf.
Dass es zu einer Erfolgsgeschichte werden würde, können die VW-Mitarbeiter, geplagt von Existenzsorgen, nicht ahnen. Doch bereits 1946 wird der erste Meilenstein gesetzt: Der 10.000ste Volkswagen wird fertig gestellt. Das Fahrzeug wird mit der Forderung „Mehr schmackhaftes Essen, sonst können wir vieles nicht vergessen" beschriftet.
In den nächsten drei Jahren wirken Restriktionen und äußere Ereignisse dem Aufbau entgegen. Lieferungen an Privatpersonen sind nicht gestattet. Mangel an Kohle führt 1947 zu einer vorübergehenden Stilllegung des VW-Werkes. Doch die Erfolgsgeschichte geht weiter. Bereits 1948 gehören zur Belegschaft 8.400 Mitarbeiter, die fast 20.000 Fahrzeuge bauen. Der Durchschnittsstundenlohn beträgt 1,11 DM.
Der Export beginnt im August 1947. Die Gebrüder Pon aus den Niederlanden werden als Volkswagen-Generalimporteur eingesetzt und erhalten als erste Lieferung 56 Käfer-Limousinen. Ein Jahr später wird der Export auf Dänemark, Luxemburg, Schweden, Belgien und die Schweiz ausgeweitet. Die ersten begehrten Devisen fließen: 4.464 Käfer bringen stolze 21 Millionen DM ein.
Heinrich Nordhoff übernimmt im Jahr 1948 die Geschäftsführung des Volkswagenwerkes und muss sich grundsätzlichen Problemen widmen: „Der Käfer", sagt er, „hat so viele Fehler wie ein Hund Flöhe".
Aber auch wenn die schwache Kaufkraft nach der Währungsreform kein boomendes Geschäft zulässt, wächst die Gewissheit, dass dieses Auto wirklich der Volkswagen ist. In Zeiten, in denen an Schneeräumen und Winterreifen noch nicht zu denken ist, schafft es der Käfer, auf glatten Straßen zu klettern: Der Heckmotor sorgt für ausreichend Haftung der Antriebsräder.
Auch an den Sommer denkt Heinrich Nordhoff und lässt bereits 1948 die Firma Joseph Hebmüller in Wülfrath drei Prototypen eines Cabriolets auf Volkswagenbasis bauen. Für die Fertigung sollen möglichst viele Originalteile der VW-Limousine verwendet werden; die exklusive Innenausstattung des Wagens stammt von Hebmüller selbst. Das Volkswagenwerk gibt eine Serie von 2.000 Stück in Auftrag. Als Folge eines Großbrandes in den Fertigungsanlagen muss die Firma Hebmüller vier Jahre später ihre Tore schließen. Bis dahin waren lediglich 696 Cabriolets auf den Markt gekommen.
Am 8. Januar 1949 verlässt ein Käfer auf dem Seeweg die Niederlande in Richtung Vereinigte Staaten. Er erweist sich als Botschafter Deutschlands sowie des Volkswagenwerkes und fasst erfolgreich Fuß in Amerika.
Der „Oben-ohne-Käfer", das VW Cabriolet, lässt nicht lange auf sich warten. Bereits am 1. Juli 1949 präsentiert Karmann in Osnabrück eine offene Karosserie-Variante, und die Zahl der Karosseriebauer wächst vor allem in den USA.
Die Flut der Verbesserungen setzt sich im gleichen Jahr fort. Größtenteils sind sie allerdings mehr zu spüren als zu sehen. Der genügsame Boxer geht als Wirtschaftswundermotor in die Geschichte ein. Augenfällig ist jedoch die Entwicklung des VW-Transporters . Der VW-Bus kann auf dem universalen Chassis des Käfers aufgebaut werden und leitet eine neue Ära des Nutzfahrzeugs in Handel und Gewerbe ein. Der VW-Bus wird zum Begriff.
Ein weiterer Grund zum Feiern: Der 50.000ste VW Käfer läuft vom Band. Solche aufsehenerregenden Produktionszahlen schreibt man dem Volkswagen-Generaldirektor Heinrich Nordhoff zu, der einen überaus engen und herzlichen Kontakt zur Belegschaft pflegt. Seine vorausschauende Geschäftspolitik, vor allem seine Verdienste um eine leistungsfähige Vertriebs- und Kundendienstorganisation, legen den Grundstein für den Aufstieg von Volkswagen zum größten Automobilhersteller Europas.
Die von Nordhoff in den 1950er Jahren gestellte Forderung, einen vorbildlichen Kundendienst zu bieten, gilt bis heute. Er macht den Kundendienst zur Chefsache. Als die Verkaufszahlen in die Höhe schnellen, wächst auch die Zahl der Volkswagen-Vertragswerkstätten, viele entwickeln sich zu Großbetrieben. Volkswagen ist bemüht, den Nachschub an Ersatzteilen weltweit sicherzustellen.
Inzwischen gewöhnt man sich in Wolfsburg schnell an große Zahlen: 1950 läuft bereits der 100.000ste VW Käfer vom Band; ein Jahr später erreicht Volkswagen schon die Viertelmillion - obwohl Materialknappheit zu einer vorübergehenden Produktionsstilllegung und Kurzarbeit führt. Im Jahre 1952 übersteigt die Jahresproduktion erstmals 100.000 Einheiten. Der 500.000ste VW Käfer wird 1953 produziert. Der VW-Anteil an der Pkw-Produktion in der Bundesrepublik Deutschland liegt bei 42,5 Prozent.
1955 ist es dann endlich soweit: Der 1.000.000ste VW Käfer läuft vom Band. In einem überaus erfolgreichen Geschäftsjahr wird die Produktion auf 280.000 Fahrzeuge gesteigert. Im Jahresdurchschnitt überschreitet die Tagesproduktion erstmals 1.000 Fahrzeuge.
Die Jahresfertigung hat jetzt einen Umfang von über 700.000 VW Käfer erreicht und wächst stetig, bis im Jahr 1965 die Schallmauer von einer Million gebauter Fahrzeuge durchstoßen wird. Der 10.000.000ste VW Käfer wird 1967 gefertigt. Inzwischen gibt es bereits fünf inländische Werke, neben Wolfsburg sind das Hannover, Kassel, Braunschweig und Emden.
Das Jahr 1972 bringt ein Ereignis der besonderen Art: Am 17. Februar läuft der 15.007.034ste Käfer vom Band. Er übertrifft damit die bisherige Rekord-Produktionsstückzahl des Ford-T-Modells und wird „Weltmeister". Aber zu diesem Zeitpunkt zeichnet sich bereits das Ende der Käfer-Monokultur ab, die das Modellprogramm des Unternehmens bis dahin bestimmt hat.
Nach fast 30jähriger Produktionsgeschichte geht im Jahre 1974 in Wolfsburg eine Ära zu Ende, in der – wie nie zuvor in der Geschichte des Automobils – ein Produkt mit Werk und Fertigungsstandort gleichgesetzt wurde: Wolfsburg war die „Käferstadt". Der letzte im Stammwerk produzierte Käfer – der 11.916.519ste – läuft vom Band. Der Käfer wird jetzt noch in Emden, Brüssel und Übersee hergestellt. Die tägliche Stückzahl liegt bei weltweit etwa 3.300 Fahrzeugen.
Die Probleme der Zeit zu meistern, das war die Herausforderung, die zur grundlegenden Wandlung der VW-Technik führen musste.
Der VW-Golf, die radikale Abkehr vom Käfer, wird dem Volkswagen-Publikum nach dem VW Passat und Scirocco als drittes Modell der neuen Ära angeboten und ist wieder ein Auto wie kein anderes. Mit seinem neuen technischen Konzept wird er von Anfang an ein Erfolg und Spitzenreiter in den Zulassungszahlen der deutschen Automobilstatistiken.
1974 endet die Käferfertigung im Werk Wolfsburg, 1978 in Emden. Am 19. Januar wird der letzte Wagen in Emden produziert und ins Wolfsburger Automuseum gebracht. Die nach wie vor große Nachfrage in Europa wird nun zunächst aus Belgien, später aus mexikanischer Fertigung gedeckt. Ein Jahr später läuft am 10. Januar 1979 das letzte Käfer Cabriolet – es ist das 330.281ste – bei Karmann in Osnabrück vom Band.
In Mexiko wird im Jahre 1981 ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens gesetzt: Am 15. Mai rollt in Puebla der 20-millionste Käfer vom Band.
1984 geht der 100.000ste Export-Käfer von Mexiko nach Europa. Ein Jahr später werden die Lieferungen eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt sind mehr als 900.000 Käfer in Mexiko produziert.
Gegen Ende der 80er Jahre erlebt der Käfer in Mexiko eine wahre Renaissance. 1989 werden rund 33.000 Modelle verkauft, drei Jahre später hat sich diese Zahl fast verdreifacht. Die Steigerung ist im wesentlichen auf ein neues staatliches Automobildekret zum „Klassik-Käfer" zurückzuführen. Es sieht eine 20-prozentige Preisreduzierung vor, die den „Sedán Clásico" – so der Landesname – zum preisgünstigsten Fahrzeug auf dem mexikanischen Markt macht.
Wegen der großen Nachfrage wird 1990 die dritte Schicht in der Käfer-Produktion aufgenommen. Noch im selben Jahr wird bei VW de México der einmillionste Käfer produziert.
Im Juni 1992 feiert der VW Käfer einen einzigartigen Produktionsrekord. Der
21-millionste läuft vom Band. Die mexikanische VW-Tochter hält den Käfer technisch und optisch auf der Höhe der Zeit und ermöglicht seine Fahrt ins 21. Jahrhundert. Allein im Jahr 2000 verlassen 41.260 Modelle das Werk, in dem täglich etwa 170 Fahrzeuge in zwei Schichten gebaut werden. Mit dem Jahr 2003 neigt sich die Produktion ihrem Ende entgegen. Mit der im Juli im mexikanischen Puebla vorgestellten „Última Edición" endet ein ganzer Entwicklungszyklus, gleichsam ein automobiles Jahrhundert. Als echter Weltbürger wurde der Käfer nicht nur in alle Herren Länder verkauft, sondern auch insgesamt in 20 Ländern produziert.
Es mögen vor allem zwei Faktoren gewesen sein, die den Aufschwung bei Volkswagen bewirkten und seinen Erfolg begründeten: Zum einen die Menschen, die sich mit Tatkraft, Strebsamkeit und Ideenreichtum für das Unternehmen und seine Produkte eingesetzt haben. Heinrich Nordhoff prägte den Stil der Sozialpartnerschaft: „Wertvoll an einem Unternehmen sind nur die Menschen, die dafür arbeiten, und der Geist, in dem sie es tun". Und zum anderen sind es die Produkte selbst, die fast sechs Jahrzehnte lang auf der ganzen Welt zufriedene Käufer gefunden haben.
Der VW Käfer hat daran sicher einen großen Anteil. Bis in die siebziger Jahre hat er das Bild im Unternehmen Volkswagen dominiert und auf den Straßen überall in der Welt mit bestimmt.
Den Käfer haben Forderungen und Fortschritte der Neuzeit überholt. Millionen von Menschen haben ihr erstes Auto mit dem Wolfsburger Emblem am Lenkrad schon in der Fahrschule erlebt. Millionen erwarben selbstverständlich den Käfer als ersten Wagen, gebraucht oder neu. Der heutigen Fahrergeneration ist er noch vertraut wie ein Freund, während sie den Fortschritt der neuen Ära genießt.
VW Käfer... und läuft und schwimmt und fliegt
Als nach schweren Mühen in den Nachkriegsjahren, um 1950 auch der Motorsport wieder auf die Räder kommt, mischt mancher Käfer-Freund bei Rallyes und Rennen kräftig mit. Die großen Räder, der knappe Radstand, die hohe Bodenfreiheit und die stabile Karosserie machen den Käfer durchaus geländetauglich.
Zwar gibt es keine Erfolgsstatistik für Rallye-Käfer, aber die vielen Siege im In- und Ausland sprechen für sich. So machen 1973 vier Käfer vom Typ 1302 S und 1303 S von sich reden. Sie werden von erfahrenen Volkswagen-Piloten gelenkt. Schnell stellen sie sich auf internationalen Rallyes in ganz Europa als ernstzunehmende Konkurrenz für die bisherigen Favoriten heraus. So auch auf der 6. Internationalen Rallye Elba, die über 1.500 Kilometer Geröllpisten und Sprintprüfungen in schwerem Gelände führt. Die Mannschaft Achim Warmbold, Deutschland, und Gunnar Haggbom, Schweden, schafft den Gesamtsieg. Dabei sind von 90 Startern 68 auf der Strecke geblieben.
Der Siegerwagen hat verstärkte Stoßdämpfer; Motor und Getriebe sind gegen Steinschlag abgedeckt, und die Leistung des 1,6-Liter-Motors wird von den Tunern bei Volkswagen-Porsche von serienmäßig 50 PS auf 126 PS getrimmt.
Ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Rallyewagen aus der Käfer-Serie bietet 1974 die Rallye Safari Neukaledonien. Die 4.000 Kilometer lange Strecke führt durch sehr schweres Gelände. Diese Querfeldeinfahrt wird mit einem unveränderten 54-PS-Motor gewonnen; lediglich der Boden des Wagens ist durch Aluminiumunterzüge gegen Aufsetzer auf Geröll bei Flussdurchquerungen verstärkt.
Als 1962 der amerikanische VW-Händler Hubert Brundage auf die Idee kommt, seinen eigenen kleinen Rennwagen mit einem Käfer-Motor auszurüsten, unterstützt Volkswagen dieses skurrile Unternehmen. Ein anderer Amerikaner, der Luftwaffen-Oberst Smith, greift den Gedanken auf und lässt sich bei Nardi in Italien aus Original-VW-Teilen einen eigenen Monoposto zusammenbauen.
1963 wird der neue Rennwagentyp auf Käferbasis durch die Sportbehörden zugelassen. Daraufhin führt Ferry Porsche, der Sohn und Nachfolger von Ferdinand Porsche, dem Vater des Volkswagens, das neue Sportfahrzeug mit viel Begeisterung in Europa ein. Die Formel V – von Volkswagen – tritt ihren Siegeszug an. Sie ermöglicht dem Rennfahrer-Nachwuchs weltweit einen preisgünstigen Einstieg in den Motorsport.
Bis heute wurden 8.000 Monoposti der Markenformel V gebaut. Das ist ein eigener inoffizieller Rekord mit der höchsten Auflage an Formelwagen, die je in der Welt erreicht wurde.
Die sportlichen Käferfans wollen sich aber nicht allein mit so strengen Reglements wie der Formel V auseinandersetzen. Die Nachfahren der Pioniere des Wilden Westens suchen mit freiheitlichem Drang nach unwegsamen Pisten abseits der großen Straßen. Es entstehen die Dune Buggys und ähnliche Freiluft-Automobile. Keine Wüste, kein Strand und keine Düne in den Weiten Nevadas, in Arizona und in Kalifornien ist nunmehr vor ihnen sicher.
Erstmals 1967 läuft als härtester Wettbewerb dieses Stils die „Baja 1000" auf der mexikanischen Halbinsel Baja California durch eine Gegend, in der sich eher Klapperschlangen als Füchse „Gute Nacht" sagen. 80 Prozent aller Wettbewerbswagen sind dabei mit VW-Teilen aufgebaut. Zwei der neun Starterklassen sind ausschließlich VW-Modifikationen vorbehalten. Als Lieferant für robuste und preisgünstige Teile spielen dabei die Käfer eine bedeutende Rolle – sowohl für die Vorderachse als auch für die Hinterachse mit meist überdimensionaler Bereifung und dem Motor. Das Ganze wird zusammengehalten von einem Gitterrohrrahmen eigenwilligster, robuster Konstruktion und ohne Rücksicht aufs Eigengewicht. Er hält den Sandfloh zusammen, auch bei harter Landung nach einem Sprung durchs Gelände.
In der Stadt des Volkswagens, in Wolfsburg, kommt der Käfer zu einer ganz besonderen Ehre. Seit 1958 fährt hier eine VW-Bahn zur großen Freude der Kinder und Erwachsenen schienenlos durch die Straßen. Sie chauffiert bis zu 45 Personen durch die Stadt, vorbei am Rathaus und am Wolfsburger Schloss. Ein reifer Kraftakt, denn rund sechs Tonnen Gewicht müssen mit 34-PS-Käferleistung in Schwung gehalten werden.1975 löst eine Golf-Zugmaschine die Käfer-Lokomotive ab.
Auch zum harten Broterwerb werden die Käfer eingespannt: Der Farmer Bill Peters aus Kalifornien funktioniert seinen VW in einen Kartoffelkäfer mit hohem Nutzen um. Am Heck befestigt er landwirtschaftliche Geräte, unter anderem auch den Pflug, um seine Äcker zu bestellen. Mit vollem Erfolg, der Treibstoffverbrauch seiner Farm sinkt beträchtlich.
Auch das bei Jugendlichen beliebte Telefonhäuschenspiel, bei dem es darauf ankommt, möglichst viele Personen in so einen Glaskasten zu pressen, greift weltweit auf den Käfer über. 35 Studenten des La Crosse State College in Wisconsin drängen sich in und auf dem Käfer, um dann fünf Meter weit zu rollen. Doch der Ruhm bleibt ihnen nicht lange. In Dublin bringen es Studenten auf 36 Insassen und die vorgeschriebene Fahrstrecke. In Graz klettern wenig später sogar 57 Bergsteiger in und auf ihren Rekordkäfer. Das entspricht einer Belastung von etwa drei Tonnen.
Schließlich gibt es noch die Geschichte vom VW Käfer, der ein Weltstar wurde – Herbie. Im amerikanischen Film „Love Bug", der in Deutschland unter dem Titel „Ein toller Käfer" in den Kinos lief, ist Herbie der Star. Und ein Volkswagen. Einer, der alles kann: Er fährt Rennen, stiftet Ehen, kann verständnisvoll und wütend sein – kurzum, er ist ein recht außergewöhnlicher Wagen.
Außergewöhnlich ist auch der Erfolg des Films. In Deutschland hat er in den ersten acht Monaten fünf Millionen Besucher angelockt. Er bekommt die „Goldene Leinwand". Die Filmmusik wird mit einer „Goldenen Schallplatte" ausgezeichnet. In aller Welt ist es ähnlich. Die Leute strömen in die Kinos, um Herbie zu sehen.
Ein wahres Wasserkäfer-Fieber grassiert 1973, nachdem sich zuvor bei einigen glücklich verlaufenen unfreiwilligen Schwimmversuchen die Käferkarosserie als seetüchtig erwiesen hat. In Italien meistert ein junger Mann mit seinem VW 1200, den er gut abgedichtet und mit einer Schiffsschraube versehen hat, die Meerenge von Messina zwischen Kalabrien und Sizilien in nur 38 Minuten, zwei Minuten schneller als die planmäßige Fähre.
Danach sticht der Wikinger Malc Buchanan in die recht unruhige Irische See. Von der Isle of Man aus erreicht er die englische Grafschaft Cumberland nach siebeneinhalb Stunden Schwimmzeit. Das ist in der Kategorie Serienwagen über 59 Kilometer Distanz neuer „Wasserkäfer-Rekord".
In den USA ist der Volkswagen-Käferschwimmer zwischenzeitlich ein beliebtes Hobby geworden. Außenbordmotoren sind selbstverständlich verpönt. Es muss ein Original-VW-Motor sein, der mittels angebastelter Schraube das Amphibium treibt. Das jedenfalls verlangen die Statuten der WARA, der „Waterbugs of America Racing Association".
Aber nicht nur zu Land und zu Wasser macht die Käfer-Technik von sich reden. Der robuste VW-Motor findet selbst in der Luft seine Verwendung. So stattet ein erfindungsreicher Ingenieur eine Maschine vom Typ Turbulent auf dem Fliegerhorst Withe Waltham der Royal Air Force mit einem VW-Motor aus. Prinz Philip lässt sich die Bedienung von einem Offizier erklären und geht in die Luft. Der Flug dauert 35 Minuten. Der Prinz kehrt wohlbehalten zur Erde zurück - „sehr angetan", wie er anschließend erklärt.
Aber auch bürgerliche Flieger sind mindestens ebenso wagemutig. Und vor allem viel ausdauernder. Den Rekord von allen hält wohl Mira Slowak, gebürtiger Tscheche und amerikanischer Jet-Pilot. Er baut sich ein Mini-Flugzeug – bestehend aus serienmäßigen Teilen eines VW-1200-Motors – mit dem Namen „The Spirit of Santa Paula" – und fliegt damit von New York nach London. Nach mehr als 175 Stunden mit insgesamt neun Zwischenlandungen ist er schließlich am Ziel und damit Sieger seiner Klasse.
Mira Slowaks Kommentar nach der langen Flugreise: „Ich glaube, dass die Spirit mit ihren 35 Pferdestärken das kleinste Flugzeug ist, das je den Atlantik überflogen hat. Der VW-Motor war phantastisch, schnurrte wie ein Kätzchen und machte auf dem ganzen Weg keine Schwierigkeiten."
Volkswagen – ein internationaler Partner
Der Volkswagen-Konzern ist mit seinem weltweiten Verbund bereits seit vielen Jahrzehnten ein Global Player. Den Aufstieg praktisch aus dem Nichts in diese Position verdankt das Unternehmen der frühen Entscheidung weitsichtiger Männer, aus einer starken heimischen Stellung Fühler in alle Welt auszustrecken, Chancen in anderen Ländern zu finden - und sie zu nutzen. Hierbei konnte es nicht um den kurzfristigen Erfolg gehen, sondern um langfristige Partnerschaften, die der Kooperation und dem Vertrauen zum Nutzen aller Beteiligten dienen.
Im Mittelpunkt dieser international ausgerichteten Aktivitäten steht bis in die siebziger Jahre der VW Käfer. Ein Großserienautomobil, das in Konzeption, Technik, Qualität, Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit wie kein anderes dazu bestimmt ist, die Aufgabe des automobilen, industriellen Entwicklungshelfers zu übernehmen.
So hat Volkswagen in den zurückliegenden Jahrzehnten in einer ganzen Reihe von Ländern die wichtige Funktion eines Partners bei der Realisierung des ökonomischen und sozialen Fortschritts übernommen. Das Unternehmen folgt fast immer der Strategie, aus reinen Exportaktivitäten über die Zusammenarbeit mit einem ortsansässigen Partner eine eigene Produktionsbasis aufzubauen.
Die internationale Ausrichtung beginnt folgerichtig im Jahr 1947 mit den ersten Fahrzeugexporten: Bestimmungsland Niederlande, Empfänger von 56 Käfermodellen sind die zum VW-Generalimporteur ernannten Gebrüder Pon in Amersfort. In jenem Jahr werden in Wolfsburg 9.000 Fahrzeuge gebaut, davon 1.656 – oder 18 Prozent – exportiert.
Nur ein Jahr später gehen schon 23 Prozent der Produktion in den Export. Ein Meilenstein besonderer Art für den Volkswagen-Export wird im Jahr 1949 gesetzt. Die ersten Fahrzeuge werden in die Vereinigten Staaten verschifft und auf der Deutschen Industrieschau in New York ausgestellt. Jetzt stehen bereits sieben Länder auf der Ausfuhrliste. Nur zwei Jahre später sind es schon 29, ein Indiz für die stürmische Entwicklung des Exports in dieser Zeit.
Im Jahr 1952 holt der Importeur Pon den 10.000sten Volkswagen für die Niederlande in Wolfsburg ab. Im selben Jahr wird in Kanada eine VW-Vertriebsgesellschaft gegründet. Im Jahr darauf gibt es schon in 83 Ländern der Erde Volkswagen-Kunden. Fast 70.000 exportierte Fahrzeuge bringen über 250 Millionen DM an Devisen ein.
Ein weiterer Meilenstein des Exports wird im Jahr 1953 gesetzt, als am 23. März die Volkswagen do Brasil in Sao Paulo gegründet wird, die sich bald zur bedeutendsten Tochtergesellschaft des Unternehmens entwickelt. Von der brasilianischen Firma Brasmotor ging die Endmontage der seit 1951 „completely knocked down" (CKD) eingeführten Käfer auf die neue VW-Tochter über. Danach geht es Schlag auf Schlag weiter. 1954 liefen die ersten Käfer in Belgien, Neuseeland und Australien vom Band und im Jahr 1955 wird als Verkaufsgesellschaft für den amerikanischen Markt die Volkswagen of America gegründet. Der Export steigt in diesem Jahr auf fast 180.000 Fahrzeuge. Die Devisenerlöse belaufen sich auf 600 Millionen DM, und im Ausland werden Volkswagen schon von 2.500 Händlern verkauft und betreut.
Den nächsten Schritt in die Internationalität macht Volkswagen in Südafrika. Hier erwirbt das Unternehmen 1956 die Anteile des südafrikanischen Importeurs und gründet eine Tochtergesellschaft als Montagebetrieb. Im selben Jahr wird in Sao Bernardo do Campo, nahe Sao Paulo, der Grundstein für die größte Autofabrik des südamerikanischen Kontinents mit dem Ziel gelegt, möglichst viele Teile im eigenen Land zu produzieren.
Im Jahr 1959 wird das neue Werk der Volkswagen do Brasil in Sao Paulo in Betrieb genommen, bereits im Januar läuft der erste Serienkäfer vom Band. 1960 wird die VW France gegründet und das 500.000ste Fahrzeug in die USA verschifft. Schon 1962 erreicht der 1.000.000ste Volkswagen die Vereinigten Staaten.
Die Erschließung des asiatisch-pazifischen Raums erfolgt deshalb über Generalimporteure, die in ihren Montagewerken den Käfer zusammenbauen. Auf den Philippinen setzt die Käfer-Montage 1959 ein. 1968 folgen Malaysia und Singapur, vier Jahre später Indonesien und Thailand.
Durch die Erfolge in den anderen Ländern ermutigt, wagen die Wolfsburger 1964 den Schritt auch nach Mexiko. Die Volkswagen de México erhält den Auftrag, Volkswagen mit möglichst vielen Teilen aus einheimischer Produktion zu bauen. Nur drei Jahre nach der Gründung der Gesellschaft wird das neue Werk in Puebla eröffnet und baut bis zu dessen Produktionsende im Juli 2003 unter anderem den mexikanischen Sedan.
Die 1956 gegründete südafrikanische Tochtergesellschaft geht im Jahre 1966 zu hundert Prozent in den Besitz der Muttergesellschaft über und heißt ab sofort Volkswagen of South Africa.
Der amerikanische Erfolg des Käfer geht ungebrochen weiter. Im Jahr 1971 bringt ein Transportschiff den 5.000.000sten Volkswagen in die Vereinigten Staaten.
Im selben Jahr übernimmt Volkswagen die VW Bruxelles und schafft sich damit ein eigenes Standbein in der Käferfertigung. Mit dem am 14. Juni 1972 gegründeten Gemeinschaftsunternehmen „Tvornica Automobila Sarajevo" (TAS) entstand ein weiterer europäischer Produktionsstandort, wo am 10. November 1973 die Käfer-Produktion mit einem Tagesausstoß von 20 Wagen anlief. Im Jahr 1973 wird auch der Vertrag zur Gründung der Volkswagen of Nigeria unterzeichnet und mit dem Bau eines Zweigwerkes in der Nähe von Lagos begonnen.
Im Jahr 1986 endet vorläufig in Brasilien – nach 30 Jahren – die Produktion des Fusca, wie der Käfer in Brasilien genannt wird. Insgesamt wurden über 3.300.00 Fahrzeuge gebaut. Mit der erneuten Produktionsaufnahme feiert der Fusca 1993 ein Comeback und stellt noch einmal seine Qualitäten unter Beweis, bis er sich 1996 endgültig verabschiedet.
Im Juli 2003 läuft in Puebla bei der Volkswagen de México der definitiv letzte Käfer vom Montageband.