Vielerorts steigen die Infektionszahlen wieder. Was treibt Sie an, über die Zeit nach der Pandemie nachzudenken?
Motter: Wir tun das nicht erst jetzt, sondern schon seit Monaten. Nach dem ersten Corona-Schock haben wir festgestellt, dass sich viele Aufgaben im Homeoffice besser erledigen lassen als erwartet. Das gilt für individuelle Tätigkeiten, aber auch die Zusammenarbeit hat nach einer kurzen Eingewöhnungszeit sehr gut funktioniert. Auf der anderen Seite bleiben physische Begegnungen wichtig für den Teamgeist und für gemeinsame Ideen. Wir haben deshalb unseren Logistikerinnen und Logistikern gesagt: Wartet nicht auf das Ende der Pandemie. Macht Vorschläge, wie ihr künftig arbeiten wollt.
Wagner: Die meisten Kolleginnen und Kollegen wollen ihre Arbeit weder zu 100 Prozent im Büro noch zu 100 Prozent im Homeoffice erledigen. Sie wünschen sich Freiräume, um Beruf und Privates gut zu verbinden. Gleichzeitig höre ich von vielen, dass sie ihre Büronachbarn oder ihr Team vermissen. Sie wollen selbst bestimmen, wie es mit der Zusammenarbeit weitergeht.
„Firma oder Homeoffice?
Fast alle wollen beides!“
Wieviel Homeoffice soll es nach Corona sein? Mit einer neuen Betriebsvereinbarung bereitet sich Volkswagen auf das viel diskutierte „New Normal“ vor. Erste Unternehmensbereiche, darunter die Konzernlogistik, entwickeln bereits individuelle Lösungen für ihre künftige Zusammenarbeit. Simon Motter, Leiter Konzernlogistik, und Betriebsrat Dirk Wagner über hybrides Arbeiten und Kulturwandel.
„Die einzelnen Teams wissen am besten, wann sie sich im Büro treffen sollten und was sie von zuhause erledigen können.“
Simon Motter, Leiter Konzernlogistik
Wie sehen die Spielregeln dafür aus?
Motter: Schon vor Corona haben wir bei Volkswagen eine moderne Betriebsvereinbarung getroffen, die große Spielräume für mobiles Arbeiten bietet. Etliche Mitarbeitende hatten beispielsweise mit ihren Vorgesetzten vereinbart, dass sie zehn oder 20 Wochenstunden außerhalb des Büros arbeitenkönnen. Die neue Betriebsvereinbarung entwickelt das weiter. Künftig sind bis zu vier Tage mobile Arbeit pro Woche möglich.
Wagner: Es wird aber niemand zum Homeoffice gezwungen! Es gibt ja auch Menschen, die jeden Tag ins Büro kommen möchten. Wir haben deshalb vereinbart, dass den Beschäftigten weiterhin ein anständiger Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung steht.
Was heißt es für die Arbeitskultur, wenn mehrere Tage Homeoffice pro Woche normal werden?
Wagner: Wir müssen bereit sein, die hybride Zusammenarbeit gründlich zu lernen. Vieles haben wir uns in der Pandemie angeeignet, weil wir es mussten: Online-Meetings, digitale Abteilungsräume, Zeitmanagement im Homeoffice. Aber nicht jeder ist Profi im Umgang mit Microsoft Teams – um nur ein Beispiel zu nennen. Uns ist wichtig, dass sich Kolleginnen und Kollegen weiterbilden können, wenn sie es möchten.
Motter: Vorgesetzte müssen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch mehr vertrauen als früher. Das heißt zum einen: gemeinsam Ziele vereinbaren und die Umsetzung den Beschäftigten überlassen. Den Arbeitsprozess im Detail kann ich als Chef ohnehin nicht kontrollieren. Zum anderen geht es um die Wahl des Arbeitsmodells. Ich bin überzeugt: Die einzelnen Teams wissen am besten, wann sie sich im Büro treffen sollten und was sie von zuhause erledigen können.
„Ich hoffe sehr, dass die Corona-Beschränkungen bald hinter uns liegen. Viele Kolleginnen und Kollegen freuen sich auf die neuen Arbeitsmodelle.“
Betriebsrat Dirk Wagner
Was muss man können, um in der hybriden Arbeitswelt zurechtzukommen?
Motter: Jemehr ich im Homeoffice arbeite, desto bewusster muss ich meine Kommunikation organisieren. Das gilt für den Austausch mit Geschäftspartnern und im Team. Zufällige Begegnungen finden ja kaum statt. Während der Pandemie haben wir regelmäßig diskutiert, wie wir Informationen teilen können, welche Meetings wir brauchen und wann die einzelnen Beschäftigten ungestört arbeiten sollten. Dieser Lernprozess geht weiter.
Wagner: Gute Kommunikation ist wichtig. Außerdem sage ich immer: Achtet auch im Homeoffice auf eure Gesundheit! Sitzt nicht stundenlang vor dem Rechner. Steht zwischendurch auf und bewegt euch. Da hat man zuhause viele Freiheiten, die die Beschäftigten nutzen sollten. Außerdem gilt auch im Homeoffice: Feierabend ist Feierabend. Niemand muss ständig erreichbar sein.
Wann beginnt die neue Zusammenarbeit?
Motter: Die neue Betriebsvereinbarung tritt in Kraft, sobald es die Pandemie zulässt. Ein Großteil der Teams hat schon heute klare Vorstellungen, wie ihre Zusammenarbeit aussehen soll. Die Frage heißt eigentlich nicht: Firma oder Homeoffice? Fast alle wollen beides! Manche Teams werden sich an bestimmten Tagen im Büro treffen, andere haben sich für flexible Modelle entschieden. Gerade zu Beginn werden wir ständig dazu lernen. Die Teams haben die Freiheit, regelmäßig neu zu entscheiden, wie sie ihre Aufgaben am besten erledigen können und wollen.
Wagner: Ich hoffe sehr, dass die Corona-Beschränkungen bald hinter uns liegen. Viele Kolleginnen und Kollegen freuen sich auf die neuen Arbeitsmodelle. Sie wollen ihre Abteilungen wiedersehen und trotzdem zeitlich flexibel bleiben. Das ist ja auch der Kern der hybriden Zusammenarbeit: Arbeitsaufgaben, Teambedürfnisse und persönliche Bedürfnisse optimal verbinden. Ich kann dazu nur ermutigen:
Gestaltet euren Arbeitsablauf so, wie es für euch gut ist!