Volkswagen Designer Tomasz Bachorski und Marco Pavone über den neuen Polo
„Evolution und Revolution"
Volkswagen Designer Marco Pavone (l.) und Tomasz Bachorski (l.) mit dem ersten und neuen Polo.
„Die Proportionen stimmen. Das ist leichtes Design. Er strahlt Agilität aus!" Schwungvoll zieht Marco Pavone die Silhouette des ozeanicblauen Klassikers nach. Tomasz Bachorski nickt: „Unbedingt. Er sieht irgendwie frech aus – ein bisschen wie auf dem Sprung." Zwei Kreative treffen auf zwei Mitglieder einer erfolgreichen Wolfsburger Familie, man kennt sich gut. Gestatten: Tomasz Bachorski und Marco Pavone. Als Interieur- und Exterieur-Designer haben sie mit ihren Teams den neuen Polo gestaltet. Und dabei auch den ersten Polo genau unter die Lupe genommen.
Das Modell Polo startete 1975. In sechster Generation debütiert 2017 der neue Polo. Gibt es Gemeinsamkeiten?
Marco Pavone: Auch wenn der erste Polo ganz andere Dimensionen aufweist und der neue Polo der größte seiner Familie ist, so sind die Proportionen doch verwandt: kurze Überhänge, eine harmonische Verteilung vom Dachaufbau im Verhältnis zur Fahrzeuglänge, die nach vorn zulaufende Dynamik. Und sehr wichtig: die schnelle C-Säule! Sie ist im neuen Polo deutlich dynamischer.
Tomasz Bachorski: Der erste Polo bot für damalige Verhältnisse ein sicheres und großzügiges Raumgefühl. Beim neuen Polo ging es uns dann darum, ein Gefühl wie in einem modernen Haus oder Wohnung zu kreieren.
Sich wie in einem modernen Zuhause zu fühlen, darum ging es uns beim neuen Polo.
Beim Design spielen also auch die Vorgänger eine Rolle?
Pavone: Unbedingt! Bei Volkswagen achten wir auf evolutionäres Design: Wo beginnt die Geschichte, wie ist die DNA eines Modells?
Bachorski: Das Auto soll neu sein – und darüber hinaus auch als moderner Polo erkennbar sein.
Pavone: Die Fenstergrafik ist ein gutes Beispiel. Das war schon 1975 ein wichtiges gestalterisches Element. Und das gibt es nur beim Polo! Das lange Fensterband ist beim neuen Polo lediglich dynamischer und kraftvoller. Zusammen mit der Keilform, der starken Schulterpartie und der Tornadolinie schießt der Polo 2017 stark nach vorn. Er ist insgesamt deutlich maskuliner, erwachsener – und emotionaler.
Bachorski: Wir haben auch das sehr gute Innenraumgefühl in die Zukunft übertragen. Unser Ziel: das Cockpit als Erlebnis – neu und begehrenswert, aber auch vertraut. Mit digitalem Zuhause-Gefühl, automotiv-sportlicher Interieur-Architektur und fahrerbezogen. Alle Instrumente und Displays sind in einer Sicht- und Bedienachse angeordnet. Natürlich gibt es jetzt sehr viel mehr Elemente als in den Siebzigern, aber die Übersichtlichkeit von damals hat uns inspiriert. Wohlfühlen wie schon 1975, aber eben Hightech wie 2020.
Pavone: Evolution und Revolution also.
Welche Vorgaben beeinflussten maßgeblich die Designentwicklung?
Pavone: Es gibt natürlich immer viele Faktoren aus allen Bereichen, die bei der Fahrzeugentwicklung eine Rolle spielen. Aber ein wichtiges Stichwort war "Maskulinität"! Der neue Polo sollte kräftiger, stärker, moderner und im Ganzen eben maskuliner werden. Die Radhäuser sind beispielsweise stark ausgeformt, der Polo liegt so satter auf der Straße – sexy!
Bachorski: Das Interieur ist auch klarer und konkreter geworden, mit technischer Anmutung. Wir haben im Innenraum ganz andere Proportionen als bei den Vorgängern, haben beispielsweise den Hüftpunkt gesenkt. Der erste Polo hier, das ist ein ehrliches Auto, absolut authentisch. Und das haben wir auch auf die sechste Generation übertragen – nur eben angepasst an modernen Lifestyle und aktuelle Ansprüche.
Pavone: Volkswagen Design ist logisch. Die dynamische Linienführung hilft die Flächen zu gliedern, gibt Perspektiven. An der Front sieht man schön die Logik – alle Linien laufen zusammen und ergeben zusammen maskuline Dynamik. Es ist wie Mathematik: Bestimmte Faktoren kombiniert bringen ein bestimmtes Ergebnis, am Ende hängt alles miteinander zusammen.
Was ist eine der größten Herausforderungen für Sie als Designer?
Bachorski: Wir müssen unglaublich weit vorausdenken. So ungefähr zehn Jahre…
Pavone: … und um so weit in die Zukunft zu schauen, müssten wir eigentlich eine Glaskugel haben.
Bachorski: Wir fangen ja schon drei, vier Jahre vor der Markteinführung an, am Design zu arbeiten. Wir analysieren gesellschaftliche und digitale Trends und interpretieren diese in fortschrittliches Design. Das Auto muss auch Jahre nach der Markteinführung noch modern aussehen.
Pavone: Daher muss das Design klar, präzise und gut zu verstehen sein. Wir müssen also etwas Zeitloses schaffen – das ist eine große, aber auch großartige Herausforderung.
Bachorski: Man kann sagen: Gutes Design ist wie ein cooler Anzug. Er muss von Beginn an sitzen und auch Jahre später muss man sich darin immer noch gut angezogen fühlen. Beim neuen Polo kommt noch hinzu, dass in dem stylischen Anzug ein High-End-Smartphone steckt!
Und darin sind sich Marco Pavone und Tomasz Bachorski einig: Der neue Polo wird lange passen, immer gut sitzen – und vor allem für alle tragbar sein.