- Der Phaeton bereitete Volkswagen den Einstieg ins Premium-Segment
- Erste Oberklasse-Limousine der Marke setzte Maßstäbe bei Technologie und Verarbeitungsqualität
- Phaeton Nachfolger blieb ein exklusives Einzelstück – zugunsten der Elektromobilitätsoffensive
20 Jahre Phaeton: Volkswagen zeigt erstmals den nie gebauten Nachfolger
Er war ein Auto für Kenner, Individualisten und Genießer: Vor 20 Jahren brachte Volkwagen den Phaeton auf den Markt. Die Oberklasse-Limousine faszinierte ab 2002 mit souverän-ruhigem Charakter, exzellentem Komfort, Hightech-Features und beeindruckender Fertigungsqualität. Mit dem Phaeton wagte sich Volkswagen erstmals in die automobile Luxusklasse und bewies auf Anhieb Premium-Kompetenz: Der Phaeton strahlte auf die ganze Marke ab und diente als Wegbereiter für weitere Premium-Produkte wie zum Beispiel Touareg und Arteon. 2016 kam der Abschied: Der Markenvorstand entschied, die Limousine zugunsten einer konsequenten Neuausrichtung auf Elektromobilität einzustellen – dabei stand der Nachfolger mit dem Projektnamen „Phaeton D2“ schon in den Startlöchern.
Jozef Kabaň, Leiter Volkswagen Design, schaut heute respektvoll auf den Volkswagen Phaeton D2, der nie in Serie gefertigt wurde: „Das Auto wirkt immer noch sehr attraktiv, hat schöne Proportionen und eine fühlbare Wertigkeit und Qualität, die beeindruckt.“ Zusammen mit seinen Kollegen Marco Pavone, Leiter Exterieur Design, und Tomasz Bachorski, Leiter Interieur Design, gestaltet Kabaň derzeit das Design der künftigen Volkswagen Modelle. Attribute wie Qualität und Wertigkeit, die den Phaeton von Beginn an prägten und seinen Premium-Anspruch untermauerten, spielen auch heute noch bei Volkswagen eine wichtige Rolle.
Dem fahrbaren Einzelstück des Phaeton D2 war eine interne Auswahl von vier verschiedenen Konzepten vorausgegangen: Den Zuschlag erhielt der Entwurf von Pavone und Bachorski, der mit seiner betont sportlich-flachen Linienführung und seinem hochwertigen Interieur-Design überzeugte. Anschließend wurde das seriennahe Konzeptfahrzeug, das auf dem Modularen Längsbaukasten (MLB) basierte, für die Entscheidungsfindung im Aufsichtsrat aufgebaut. Aber da alle Kräfte gebündelt wurden, um die Marke Volkswagen auf die Elektromobilität auszurichten, fiel die Entscheidung am Ende gegen die Oberklasse-Limousine
Auch wenn das geplante Nachfolgemodell somit unverwirklicht blieb, demonstrierte der erste Phaeton mit seinem luxuriösen Komfort, den innovativen Antrieben und der wegweisenden Verarbeitungsqualität, wozu Volkswagen schon vor 20 Jahren in der Lage war. Damit erzielte er einen positiven Abstrahleffekt auf die ganze Marke, der bis dato in vielen Modellen nachhallt. Dazu Tomasz Bachorski, seinerzeit verantwortlich für das Interieur des Premium-Modells: „Dass auch der Phaeton D2 seiner Zeit voraus war, sieht man heute an Features wie dem ,Curved Display‘, das für den Phaeton Nachfolger vorgesehen war und 2018 im ,Innovision Cockpit‘ des Touareg auf den Markt kam.“
Rückblick auf 20 Jahre Phaeton – Aufbruch in die Luxusklasse. Es war von Beginn an ein ehrgeiziges Projekt, das der damalige Volkswagen Vorstandsvorsitzende Ferdinand Piëch Ende der Neunzigerjahre auf den Weg brachte. Er wollte mit einer Luxuslimousine ein neues Marktsegment für Volkswagen erschließen und zugleich die ganze Marke auf ein neues Niveau heben.
5,06 Meter Länge, 1,90 Meter Breite, 1,45 Meter Höhe – allein mit diesen Abmessungen reihte sich der Phaeton zwischen seinen Wettbewerbern im Luxussegment ein. Trotz seiner Größe trat er optisch zurückhaltend auf: Sein fließendes Design mit der leicht gewölbten Dachkuppel wirkte zeitlos dezent, nur am Heck setzten runde Rückleuchten unter eckigen Deckgläsern auffällige Akzente.
Eleganz und hochwertigste Materialien. Unter der ruhig gezeichneten Karosserie verbarg sich ein Innenraum von stilsicherer Eleganz. Chrom, Holzfurnier aus bis zu dreißig Materialschichten und Leder – dieser Dreiklang verdichtete sich am Wählhebel der Automatik, der so massiv und kraftvoll wirkte wie der Schubhebel einer Motoryacht. Holzpaneele deckten die Luftausströmer ab; je nach Einstellung der Klimaautomatik und nach Sonneneinstrahlung öffneten sie sich bei Bedarf elektrisch und lautlos. Auch bei voller Leistung arbeitete die Lüftung nahezu zugfrei.
Lounge auf Rädern. Der Innenraum des Phaeton war eine rollende Lounge, in der ein kompromissloser Qualitätsanspruch und edle Materialien auf liebevoll arrangierte Technik-Details trafen. Schwer ins Schloss fallende Türen und dicke Glasscheiben isolierten die Fahrgäste von der Außenwelt, die Fugen zwischen den Bauteilen verliefen extrem schmal und strikt parallel. Das optionale Dynaudio-Soundsystem verwöhnte auch anspruchsvolle HiFi-Genießer.
Zu ganz großer Form lief der Phaeton auf Langstrecken auf. Seine serienmäßige Luftfederung samt adaptiver Dämpfung ließ ihn geschmeidig-weich über die Autobahn gleiten. Dank ihrer extrem hohen Torsionssteifigkeit kannte die Karosserie kein Klappern oder Knarzen. Die Motorhaube, die Türen und der Kofferraumdeckel bestanden aus Aluminium. Als Chauffeurlimousine gab es eine um 120 Millimeter verlängerte Phaeton Version mit opulentem Platzangebot im Fond. Einzelsitze mit Massage und Belüftung waren – wie auch in der Normalversion – auf Wunsch zu haben.
Auch der Name Phaeton symbolisierte den exklusiven Status der großen Limousine. Er knüpfte nicht nur an die griechische Mythologie an, sondern auch an gleichnamige klassische Modelle von Horch und Škoda.
Die Gläserne Manufaktur. Beim Produktionsstart in Dresden im Dezember 2001 brachte es Ferdinand Piëch auf den Punkt: „An diesem Ort werden wir das Top-Fahrzeug der automobilen Oberklasse von Volkswagen fertigen. Hier werden feinste Handarbeit und modernste Technologie sichtbar und fühlbar.“
Für das neue Flaggschiff war nur das Allerbeste gut genug – das galt auch für die Fertigung. Am Rand der Dresdner City entstand die Gläserne Manufaktur, ein Industriebau von hoher architektonischer Qualität. In seinen lichtdurchfluteten Hallen wurde der Phaeton nahezu vollständig in Handarbeit montiert. Die Beschäftigten waren in Weiß gekleidet, viele von ihnen trugen Handschuhe. Und die Hallenböden waren mit hellem Bergahornholz aus Kanada und dunkler deutscher Mooreiche ausgelegt.
Zwei Benziner und ein TDI. Die Motorenpalette rundete den exklusiven Charakter der Limousine ab. Frühe Phaeton Kundinnen und Kunden konnten zwischen zwei frei saugenden Benzinern und einem TDI wählen. Als Einsteigermotor diente der kompakte 3.2 V6, dessen Zylinderbänke im engen Winkel von 15 Grad zueinander standen; er leistete 177 kW (241 PS). Auch der zweite Ottomotor, der W12, baute ungewöhnlich kurz – er war in Form eines „W“ aus zwei V-Sechszylindern zusammengesetzt. Aus 6 Liter Hubraum entwickelte er 309 kW (420 PS).
V10 TDI mit 750 Nm. Das ungewöhnlichste Aggregat bildete der V10 TDI: Mit 5 Liter Hubraum, zwei Turboladern mit verstellbarer Turbinengeometrie, 230 kW (313 PS) Leistung und 750 Nm Drehmoment machte das Treibwerk den Phaeton zur damals stärksten Diesellimousine der Welt. Wie beim W12 wurde die Antriebskraft über ein Automatikgetriebe und den Allradantrieb 4MOTION auf alle vier Räder übertragen; der 3.2 V6 hatte serienmäßig Frontantrieb.
Im Lauf der 15-jährigen Bauzeit entwickelte sich das Motorenprogramm immer weiter. 2003 zog ein 4,2-Liter-V8 in die Luxuslimousine ein, ein Jahr später folgte der 3.0 V6 TDI. Er entwickelte sich rasch zur meistverkauften Motorisierung, in seiner letzten Ausbaustufe kam er auf 180 kW (245 PS). Der Zehnzylinder-Diesel entfiel 2006, der W12 fünf Jahre später. Und der 3.2 V6 wich einem 3,6-Liter und einem 3,0-Liter.
Intensive Pflege. Vier Modellpflegemaßnahmen, die zwischen 2007 und 2014 statt-fanden, hielten den Phaeton aktuell. Sie beinhalteten Neuerungen wie ein Multimediasystem mit Touchscreen, Kohlefaser-Keramik-Bremsen für den W12, Assistenzsysteme wie Rear Assist, Side Assist und verbesserte ACC, eine Verkehrszeichenerkennung per Kamera und eine dynamische Fernlichtregulierung. Für einige Jahre gab es auch selbstleuchtende Nummernschilder mit Elektrolumineszenz-Technik. Die große Überarbeitung von 2010 brachte einen neuen Look an Front und Heck mit sich, der vor allem bei den Kundinnen und Kunden in China gut ankam.