Rückblick: drei Generationen Volkswagen Scirocco
Die Coupé-Ikone
„Das können wir auch. Und besser", heißt es 1971 in Wolfsburg – und es fällt der Startschuss für die Entwicklung eines Coupés, das allen die Köpfe verdrehen wird. Mit großer Begeisterung für das Konzept will man den kurz zuvor gestarteten Konkurrenten Ford Capri und Opel Manta mit dem Scirocco Paroli bieten. Das gelingt mit Bravour, denn während Capri und Manta noch mit Starrachse und Heckantrieb unterwegs sind, punktet der Scirocco mit Quermotoren, Frontantrieb und einem modernen Fahrwerk – und das Ganze zum attraktiven Preis. Ein würdiger Nachfolger für das 19 Jahre lang produzierte, äußerst erfolgreiche Karmann Ghia Typ 14 Coupé.
Der Kult der klaren Kante
Nicht nur technisch, auch optisch ist der 1974 präsentierte Scirocco ein Volltreffer. Es liegt nahe, dass Designer Giorgetto Giugiaro, der den damals in der Entwicklung befindlichen Golf I zeichnete, auch das Blechkleid des Coupés mit gleicher technischer Basis schneidern soll. Und der „Maestro" entwirft einen hinreißend schönen, sachlich und elegant gestylten 2+2-Sitzer, 3.850 Millimeter lang und nur 1.310 Millimeter hoch. Mit Motor und Getriebe bringt der Scirocco nur 800 Kilogramm auf die Waage. Genau wie der Karmann Ghia, läuft auch der Scirocco im Osnabrücker Karmann-Werk vom Band.
Der erste GTI war ein Scirocco
Gegenüber dem Golf hat er die Nase vorn: Im Sommer 1976 geht der sportliche Scirocco GTI in Produktion, während das spätere Kultauto Golf GTI erst im Herbst des Jahres präsentiert wird. Sein drehfreudiger, 81 kW/110 PS starker 1,6-Liter-Motor verfügte über eine mechanische Benzineinspritzung und war für Fahrer – wie später im Golf GTI – ein steter Quell der Freude. Die kleineren Maschinen leisteten zwischen 37 kW/50 PS und 63 kW/85 PS.
Wegen der höheren Leistung wurde das Fahrwerk angepasst. Äußerlich sind die GTI- und GLI-Modelle vor allem am vorderen Spoiler erkennbar. Innen freut man sich beim GTI über Sportlenkrad, Drehzahlmesser, Mittelkonsole mit Zeit- und Öltemperaturanzeige und vor allem über die Sportsitze mit dem charakteristischen Karobezug. Der GLI war die luxuriöse Variante und kam mit getönten Scheiben, Teppicheinlagen in den Türverkleidungen sowie höhenverstellbaren Vordersitzen mit speziellen Sitzbezügen.
„Keine Panik" im VW-Junior-Cup: Udo Lindenberg als Gaststarter
Motodrom Hockenheim, April 1976: 80.000 Zuschauer verfolgen das erste Rennen des VW Junior Cup, in dem mit modifizierten, 77 kW/105 PS starken Scirocco gestartet wurde. Der erste Volkswagen Markenpokal war sehr beliebt. Zu den Piloten der Premieren-Saison zählte unter anderem der spätere Formel-1-Fahrer Manfred Winkelhock (1951–1985).
Beim Flugplatzrennen auf der Insel Sylt sorgte Gaststarter Udo Lindenberg für Furore: Der Rockstar legte bereits in Runde eins einen spektakulären Dreher hin, verlor die Orientierung und fuhr kurzzeitig wagemutig der heranbrausenden Scirocco Meute entgegen. Aber von Panik keine Spur, Udo blieb wie immer cool und lenkte gekonnt auf den Grünstreifen. Der kurze Ausflug in den Rennsport war damit beendet.
Schon immer besonders: die Scirocco Sondermodelle
Voll ins Schwarze traf Volkswagen 1985 mit dem ganz in Weiß gehaltenen Sondermodell „White Cat": weiße Lackierung und Felgen, Sitze, Heckleuchten mit weißen Streifen sowie Rundum-Verspoilerung und Zender-Heckspoiler machten diesen Scirocco zum sportlichen Hingucker. Der „Scala 16V" schlug in eine ähnliche Kerbe, ihn gab es jedoch auch in anderen Farben. Das dynamische Sondermodell GTS wurde mit leistungsstarken Motoren angeboten, war jedoch etwas preisgünstiger als der GTI. Vom Scirocco II werden rund 290.000 Exemplare produziert.
1988: Der Corrado kommt ins Spiel
Er sollte ursprünglich den Scirocco II beerben und wird dieses Jahr 30: der Corrado. Seine Entwicklung beginnt bereits 1981, damals noch als Scirocco III. Doch man entschied sich, das technisch aufwendigere Modell in „Corrado" umzubenennen und ab 1988 als höher positioniertes Coupé parallel zum Scirocco II anzubieten. Letzterer ging dann im Jahr 1992 endgültig in Rente.
2008: frischer Wind aus Portugal
Nach einer langen Pause gab es 2008 endlich wieder ein Coupé der Marke Volkswagen: den Scirocco III, entstanden aus der faszinierenden Studie „iroc".
Letztere wurde zwei Jahre zuvor präsentiert und fand großen Zuspruch. Besonders das kraftvolle „Viperngrün Metallic" kam so gut an, dass der Farbton ins Scirocco Serienprogramm übernommen wurde.
Der bei Volkswagen in Palmela (Portugal) produzierte Scirocco III basierte auf der Plattform des Golf VI. Er wurde von modernen Turbomotoren mit einem Leistungsspektrum von 90 kW/122 PS bis 206 kW/280 PS (Scirocco R) angetrieben.
Scirocco R Cup – der umweltfreundliche Markenpokal von Volkswagen
Im Motorsport sorgte der Scirocco III für jede Menge Action auf der Strecke und packende Unterhaltung für die Zuschauer. Der von 2008 bis 2014 im Rahmen der DTM ausgetragene Scirocco R-Cup bot Nachwuchstalenten eine willkommene Chance zum Einstieg in den Motorsport und war ein ideales Karriere-Sprungbrett für den Aufstieg in höhere Serien. Dazu gesellten sich prominente Gaststarter aus Formel 1, DTM und Rallyesport. Die „alten Hasen" mischten das Feld ordentlich durch. Umweltfreundlich war der Cup auch, denn gefahren wurde mit identischen, 173 kW/235 PS starken Cup-Scirocco, deren Motoren mit Bio-Erdgas befeuert wurden.
Nach 272.150 produzierten Exemplaren der dritten Baureihe ging im Herbst 2017 die Ära Scirocco zu Ende. Das coole Coupé hat sich über Jahrzehnte in die Herzen seiner Fans gefahren und dort wird es noch lange bleiben. In diesem Sinne: bye-bye, Rocco!